Von den Blättern

Von den Blättern

Jetzt ist der Herbst doch noch gekommen und die Blätter fallen herab. Aber das ist zu ungenau.

Dieses Jahr habe ich beobachtet. Die Sonne hat warmgolden geschienen und es ist kein Wind gegangen. Ab und zu hat sich trotzdem ein Blatt von den Bäumen gelöst und ist langsam zu Boden gesegelt, sanft schaukelnd, hin und her, fast wie ein Boot auf den Wellen und in diesen Blätterbooten segeln freudig und fröhlich Wesenheiten mit.

An den Tagen an denen ein starker Wind geht, spüre ich sie übermütig. Wer kennt das nicht, dass ein Blatt über die Straße „läuft“ und man denkt, es wäre eine Maus. Manche Blätter schlagen Purzelbäume oder düsen auf ihren nach unten gerichteten Blattspitzen völlig gerade dahin, andere sitzen schräg am Asphalt und fährt man in der Nacht mir dem Auto, erschrickt man, da man meint eine Kröte zu sehen und bremst sich sogar ein. Mir scheint, die Blattwesen halten uns gern „für Noarrn“ (dt. Übersetzung: führen uns an der Nase herum).
Und dann die Blätterwirbel! Vorzugsweise in Ecken und Nischen – wenn das keine Karusselle sind!

Beobachtet einmal aufmerksam!

Auch im Sommer gibt es immer wieder das Phänomen, dass bei völliger Windstille ein einziges Blatt in einer Baumkrone winkt. Vor über 30 Jahren war ich einmal wandern und sah genau so ein Blatt. Ich habe zu meinem Begleiter -eher im Spaß- gesagt, es schaut aus als würde uns ein Kobold winken. Diese Szene ist mir bis heute so stark in Erinnerung, dass es wohl das erste Aufwachen und Wahrnehmen war.

Ja und dann? Liegen die Blätter vorerst als leuchtend bunter, dicker Teppich am Boden, zerfallen und nähren wieder den Baum. Im Englischen heißt das Wort „verlassen“ - „leave“, „Blatt“ - „leaf“ und „Leben“ heißt „life“. Interessant, oder?
Irgendwo habe ich gelesen, dass die Kelten ihre Verstorbenen neben Bäumen begraben haben, damit die Seelen über den Baum und über die Blätter wieder freikommen.